Kerstin Müller ist eine erfahrene Logopädin und arbeitet in ihrer täglichen Praxis mit dem vocaSTIM®-Master. Im Interview verrät sie, wofür sie das Gerät verwendet, welche Erfahrungen Sie mit der Elektrotherapie in der Logopädie gemacht hat und was Ihre Patienten dazu sagen.
PM: Bitte stellen Sie sich kurz vor und beschreiben Sie Ihren Tätigkeitsbereich. In welchem Bereich arbeiten Sie hauptsächlich?
KM: Mein Name ist Kerstin Müller. Ich habe eine Praxis in Bonn. Mein Schwerpunkt liegt in der logopädischen Therapie mit Fokus auf Neurologie und HNO-Bereich. Ich behandele hauptsächlich Patienten mit Schluckstörungen, Fazialisparesen und Rekurrensparesen.
Ich war anfangs etwas skeptisch bei der Behandlung peripherer Fazialisparesen, aber ich habe positive Effekte ohne Synkinesie erzielt, indem ich das vocaSTIM® sorgfältig eingesetzt habe. Dadurch konnte ich innerhalb von 35 Stunden bis zu 95% der Gesichtsmotorik wiederherstellen. Elektrotherapie kann also auch in diesem Bereich als Behandlungsmöglichkeit genutzt werden, sollte jedoch nicht als Standardmethode angewendet werden.
Bei zentralen Fazialisparesen, wie sie nach Schlaganfällen oder Blutungen auftreten, ist der Einsatz des vocaSTIM® jedoch sehr empfehlenswert, da eine spontane Heilung unwahrscheinlich ist. Ich hatte eine Patientin, bei der die unwillkürliche Bewegung im Gesicht gut funktionierte, jedoch konnte sie diese nicht bewusst steuern. Durch eine Kombination aus manuellen Techniken der Brondotherapie und dem vocaSTIM® konnte ich den Obikularis Okuli stimulieren, sodass sie in der Lage war, ihre Augen zumindest kurzzeitig langsam und bewusst zu schließen, was zuvor nicht möglich war. Dr. Juan Brondo selbst war von den erreichten Fortschritten beeindruckt. Wir haben auch das Gaumensegel und die Zunge mit dem vocaSTIM® stimuliert, um die Sensibilität zu erhöhen und die Funktionen zu verbessern.
Das Gerät eignet sich auch sehr gut für die Behandlung von Rekurrensparesen. Früher habe ich diese mit herkömmlicher Stimmtherapie behandelt, was für die Patienten anstrengender war. Einige Kollegen haben mir aufgrund des vocaSTIM® sogar gezielt Patienten überwiesen, bei denen innerhalb von 10-20 Stunden positive Effekte zu beobachten waren. Mit dem Stimmfeldmessgerät von lingWAVES kann ich objektiv messen, ob sich die Stimme verbessert hat. Durch das vocaSTIM® konnte ich eine Zunahme des Stimmfeldes feststellen, was mit herkömmlicher Logopädie in so kurzer Zeit nicht möglich gewesen wäre. Die Patienten bestätigen ebenfalls diese Ergebnisse. Obwohl die Therapie nach einiger Zeit monoton und anstrengend wirken kann, schätzen die Patienten die Möglichkeit, eigenständig zu üben, nachdem sie eingewiesen wurden.
Ich habe das vocaSTIM® auch erfolgreich bei hyperfunktionellen Stimmstörungen eingesetzt, um die Stimme zu entspannen. Zudem konnte ich bei Patienten nach Kehlkopfoperationen, bei denen kein Krebs mehr vorhanden war, eine Lockerung des Gewebes erreichen, um die Ösophagusstimme zu verbessern. Bei Patienten mit dysarthrischer Stimme kann das Gerät dazu beitragen, dass die Stimme entspannter und weicher klingt. Es ist sehr erfreulich zu sehen, wenn ein Ton länger gehalten werden kann und klarer klingt. Das hat für die Patienten einen großen Wert, insbesondere bei Dysarthrie. Ich verwende es auch gerne in der Dysphagie-Therapie, um den Schluckreflex zu stimulieren. Das vocaSTIM® ermöglicht eine zweikanalige Nutzung, sodass ich den Hyoid und den Larynx stimulieren kann. Dies ist eine effektive motorische Abfolge für die Patienten. Sie können selbst bestimmen, wann sie schlucken möchten, oder ich kann die Geräteeinstellungen so anpassen, dass die Impulse die Schluckfrequenz vorgeben.
Ich habe eine Patientin mit einem sehr kleinen Kopf, bei der ich die Elektroden nicht zweikanalig anbringen kann. In solchen Fällen reicht es aus, den Mundboden mit dem vocaSTIM® zu stimulieren. Die Patientin kann dann selbst den Impuls geben und schlucken, was ohne vocaSTIM® nicht möglich wäre.
Ich bin sehr zufrieden mit dem vocaSTIM®, da es mir viele Möglichkeiten in der logopädischen Therapie bietet. Es gibt weltweit nur wenige Geräte, die für den Kopf- und Halsbereich zugelassen sind, aber das vocaSTIM® eröffnet mir viele Anwendungsmöglichkeiten. Voraussetzung ist natürlich ein Verständnis für die Wirkung von Strom und keine Angst davor. Unser Körper besteht aus Flüssigkeit und Elektrizität, durch die Nervenleitgeschwindigkeit. Es ist schön, diese Rehabilitationsmöglichkeiten nutzen zu können. Das Gerät ist sehr vielseitig einsetzbar und ich möchte es nicht missen. Ich würde gerne noch mehr Patienten damit behandeln. Ich bin begeistert davon.
PM: Seit wann arbeiten Sie insgesamt mit dem vocaSTIM®?
KM: Noch nicht allzu lange. Seit 2016. Ich kenne Elektrotherapie jedoch schon seit 2001. In der Fachschule für Logopädie hatten wir eine Dozentin, eine Ärztin, die den Professor Doktor Pahn kannte, da sie gemeinsam studiert hatten. Daher hatten wir ein Elektrotherapiegerät in der Phoniatrie der Fachschule für Logopädie. Das war mein erster Kontakt mit Elektrotherapie.
PM: Wie ist die Meinung Ihrer Mitarbeiter in der Praxis zu dem vocaSTIM®? Arbeiten sie gerne damit?
KM: Anfangs gab es viel Respekt, der jedoch nach meiner Einweisung nachließ. Zwei Kolleginnen verwenden das Gerät regelmäßig, insbesondere zur Behandlung von Rekurrensparesen. Eine Kollegin hat es sogar bei zentralen Fazialisparesen eingesetzt. Nach einer Schulung und dem Wissen über Elektrotherapie hatten sie keine Bedenken mehr. Wenn die Möglichkeit besteht, verwenden sie das Gerät gerne.
PM: Sie haben bereits einige Informationen über die Reaktionen der Patienten auf das Gerät gegeben. Wie reagieren die Patienten im Durchschnitt darauf? Welche Rückmeldungen erhalten Sie von ihnen?
KM: Die Patienten reagieren sehr positiv und möchten das Gerät so oft wie möglich nutzen. Aktuell habe ich eine Patientin, die sogar eine Rehabilitationsklinik danach ausgesucht hat. Das Problem ist jedoch, dass es eine Wartezeit von einem halben Jahr gibt, da diese Klinik über ein großes Kontingent verfügt. Nicht jede Rehabilitationsklinik hat ein vocaSTIM®. Die Patienten suchen explizit nach vocaSTIM® und Elektrotherapie, insbesondere Patienten mit Fazialislähmungen suchen gezielt nach Fazialis-Therapie.
PM: Bei welchen Indikationen wird das Gerät am häufigsten eingesetzt?
KM: Am häufigsten wird das Gerät zur Behandlung von Rekurrenzparesen eingesetzt. Dabei finde ich es besonders gut, dass der Patient oder der Therapeut den Impuls selbst an den Muskel geben kann. Zusätzlich verwende ich vocaSTIM® auch bei Patienten mit multipler Muskeldystrophie oder -atrophie, um ein gewisses Maß an Muskeltonus aufrechtzuerhalten. Die Patienten berichten, dass ihre Sprache deutlicher ist, wenn sie nach Hause kommen. Bei Patienten mit Muskeldystrophie oder -atrophie muss ich jedoch darauf achten, dass ich nicht zu viele Impulse gebe, um den Muskel nicht zu erschöpfen. Hier ist es wichtig, ein Gleichgewicht zu finden und Fachkenntnisse im logopädischen Bereich zu haben. Die Behandlung mit dem Gerät ist für den Patienten angenehmer als die manuelle Arbeit. Zu Hause können sie ihre Übungen durchführen. In meiner Therapie kombiniere ich beides. Wir versuchen durch die Elektrotherapie den Muskelabbau etwas zu verlangsamen.
PM: Inwiefern bietet die Arbeit mit vocaSTIM® Vorteile in der Therapie im Vergleich zur klassischen Logopädie?
KM: Mit vocaSTIM® komme ich viel schneller voran. Die Patienten machen Fortschritte, sodass ich meine klassische Therapie fortsetzen kann. Ich habe zu Beginn bereits eine Basis, die wieder funktioniert. Das dauert in der klassischen Therapie wesentlich länger. Früher hatte ich meine 20 Stunden und dann war die Therapie beendet. Heutzutage kann ich länger behandeln. Die ersten 10 Stunden mit vocaSTIM® haben mir bereits so weit geholfen, dass ich Fortschritte erzielen konnte, die ich in der klassischen Therapie nicht erreichen konnte.
Eine Patientin berichtet, dass sie das Gefühl hatte, dass ihre Aryknorpel verklebt seien und eine Art Spastik auftrat. Nach der Anwendung von vocaSTIM® hat sie eine viel weichere Stimme mit besserer Resonanz. Sie sagt auch, dass sie besser Luft bekommt und ihre Stimme angenehmer und nicht mehr kratzig ist. Es ist wirklich beeindruckend, was man sehen kann. Ich habe eine Stimmfeldmessung durchgeführt, bei der man deutlich eine signifikante Veränderung seit Beginn der Arbeit mit vocaSTIM® sehen konnte. Eine Patientin, die 20 Stunden Therapie absolviert hat, sagte: “Ich bin begeistert, ich habe meine Stimme wieder, sie ist belastbar und ich bin wieder ich selbst”.
Wie bereits erwähnt, liebe ich dieses Gerät, vocaSTIM®. Es ist äußerst vielseitig einsetzbar. Ich würde gerne noch mehr Patienten in der Ambulanz haben, bei denen ich es ausprobieren kann.
PM: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben.