Paper of the Month #4: Huber R et al

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Eine groß angelegte Schweizer Studie über die postoperative Regeneration von Quadrizeps und ischiocruraler Muskulatur nach ACL-Rekonstruktion zeigt, dass insgesamt ein Patellasehnen-Autotransplantat eine bessere Option ist als das Kniesehnen-Pendant.

Prof. Dvir kommentiert:

Die Arbeit von Huber et al. ist nicht die erste, welche die Kraftregeneration der Oberschenkelmuskulatur nach ACL-Rekonstruktion (ACLR) vergleicht. Die Studie zeichnet sich aber durch eine Reihe von Merkmalen aus, wodurch sie die Auswahl als Paper of the Month (PoM) verdient hat. Insbesondere die relativ große Patientenkohorte, die gute Vereinheitlichung der operativen/rehabilitativen Verfahren (z.B. Single Center, kleines OP-Team, strenge Rehaprotokolle) und die Teststandardisierung erlaubten eine aussagekräftige klinische Interpretation, die bisher in dieser Form nicht gewährleistet war. Im Rahmen dieses PoM ist es der letztgenannte Aspekt, der eine besondere Erläuterung verdient.

Zunächst einmal ist die Wahl der Testgeschwindigkeit – 120º/s – ein wichtiges Merkmal dieser Studie, insbesondere im Hinblick auf die weit verbreitete Anwendung von 60º/s als Standardgeschwindigkeit für die Testung von Kniemuskeln. Zu den Vorteilen ihrer Anwendung gehören:
1. sie ist für die meisten Patienten mit Knieproblemen gut verträglich
2. im konzentrischen Modus bedeuten 120º/s im Vergleich zu 60º/s eine kürzere Belastungszeit sowie eine geringere Belastung für Gelenke und Bänder
3. sie stellt eine mittlere Testgeschwindigkeit dar und beansprucht physiologisch sowohl Mechanismen der niedrigen als auch der hohen Bewegungsgeschwindigkeit.
Da für die konzentrische Kraftbeurteilung in der Regel eine einzige Prüfgeschwindigkeit ausreichen sollte, sind 120º/s deshalb besonders empfehlenswert.

Zusätzlich zu diesem Merkmal wählten die Autoren einfache Outcome-Messungen (OM), die sich auf normierte (Nm/kgbw) Kraftwerte des Quadrizeps und der ischiocruralen Muskulatur, die bilaterale Kraft-Symmetrie und die Prävalenz von Asymmetrien (größer als 10%) konzentrieren. Basierend auf diesen OM und im Rahmen einer 9-monatigen postoperativen Periode kamen die Autoren zu dem Schluss, dass die Kraft-Wiederherstellung mit dem Patellasehnen-Autotransplantat besser sein könnte.

Im Hinblick auf dieses isokinetische Protokoll fragt man sich, in welcher Weise, wenn überhaupt, zusätzliche exzentrische Tests die Schlussfolgerung dieser Studie ändern könnten. Die Autoren beziehen sich nicht auf (konzentrisch/exzentrische) Kraftverhältnisse wie DCR oder DCRe und es wäre in der Tat interessant, deren Bedeutung zu untersuchen. Diese Überlegungen unterstreichen die Notwendigkeit akribischer Studien, die Standards für die funktionelle Testung der Kniemuskulatur fördern. Diesbezüglich ist die Arbeit von Huber et al. ein beeindruckender Schritt in die richtige Richtung.

Die Studie von Huber et al finden Sie hier
Die Arbeit kann direkt beim Verlag erworben werden.

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Zitierung
Huber R, Viecelli C, Bizzini M, Friesenbichler B, Dohm-Acker M, Rosenheck T, Harder L, Maffiuletti NA. Knee extensor and flexor strength before and after anterior cruciate ligament reconstruction in a large sample of patients: influence of graft type. Physician and Sportsmedicine, 2018 Sep 25:1-6. doi: 10.1080/00913847.2018.1526627

Paper of the Month – die Initiative

Das Hauptziel der PoM-Initiative ist es, als Update-Forum für Anwender der isokinetischen Dynamometrie zu dienen. Jüngste Arbeiten zu dieser Technologie und ihren Anwendungen (in der Regel der letzten 3 Monate) werden regelmäßig von Prof. Zeevi Dvir gesichtet. Ausgewählt werden die Studien, die seiner Meinung nach einen wichtigen/relevanten Beitrag zur Wissenschaft der isokinetischen Untersuchungen und Konditionierungen darstellen. Bei der Auswahl werden die Innovationskraft, die wissenschaftliche Genauigkeit und die potentielle Anwendbarkeit der Studie ohne Vorurteile berücksichtigt, was PHYSIOMED’s Engagement für die höchsten Standards unterstreicht, für die das Unternehmen als weltweit führender Anbieter von isokinetischen Technologien steht.

Prof. Dvir ist an der Fakultät für Physikalische Therapie der Sackler Faculty of Medicine der Universität Tel Aviv tätig und arbeitet auch als nicht-lehrender Professor am Biomechanics and Ergonomics Lab, School of Kinesiology and Health Studies (SKHS), Queen’s University, Kanada.  

Prof. Dvir ist international führend in der Isokinetik. Er ist Autor des in diesem Bereich allgemein anerkannten führenden Titels “Isokinetics: Muscle Testing, Interpretation and Clinical Applications” (Churchill Livingstone, 1st ed., 1995; Elsevier 2nd ed., 2004). Seit 1998 ist er auch Chefredakteur der Isokinetics and Exercise Science (IOS Press, Amsterdam, Holland), der einzigen internationalen Zeitschrift, die sich mit den wissenschaftlichen und praktischen Aspekten der Technologie beschäftigt. Prof. Dvir hat mehr als 60 Arbeiten zur Isokinetik veröffentlicht. Er prägte die Begriffe Dynamic Control Ratio (DCR), auch bekannt als das funktionale Verhältnis. Die DCR wurde hauptsächlich im Zusammenhang mit dem muskulären Gleichgewicht das Knie betreffend angewendet, insbesondere im Hinblick auf ACL-Defizite und -Rekonstruktion und wird als das Verhältnis Hecc/Qcon ausgedrückt. Prof. Dvir war auch der Erste, der die DCE (Differenz zwischen dem Ecc/Con-Verhältnis bei hoher und niedriger Geschwindigkeit) beschrieb, um den submaximalen Aufwand zu beurteilen: ein Kernkonzept in der gerichtsmedizinischen Analyse von Muskelschwäche. Ein ihm zugeschriebenes US-Patent ebnete den Weg zu einer Reihe von Veröffentlichungen, die die Verwendung von isokinetischen Tests und Konditionierungen für kurze Bewegungsumfänge beschreiben.